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Costa Nova - 30 Jahre später

Ingo Stoll • Juni 06, 2021

Ein Camping-Trip in die Vergangenheit

„Ich kenn‘ da einen Campingplatz in Portugal ... direkt am Strand, mit Dünen - der war ganz schön.“ Diesen Satz habe ich schon zwei Mal in meinem Leben gesagt.
 
Das erste Mal ca. 1995, als ich mit meinem damaligen Studien- und WG-Kumpel Michael bei schlechtem Wetter in Südfrankreich festhing. Kurzerhand hatten wir dann beschlossen, einfach dorthin weiterzufahren – schlappe 1.000 Kilometer später landeten wir dann tatsächlich auf besagtem Platz und hatten dort entspannte zwei Wochen Urlaub – ohne Regen (dafür mit reichlich Rotwein). Das zweite Mal sagte ich es vor wenigen Tagen als es auf unserer Reise um die Frage ging, wohin wir nach der Auftaktetappe in Nazaré weiterfahren sollten: nach Costa Nova.
 
Das Wissen um diesen sagenumwobenen Campingplatz an der portugiesischen Westküste stammt aus dem Jahr 1991. Er war das Ziel meiner allerersten Auslandsreise – ohne Eltern! Mit meiner Freundin Uli und meinem Freund Lars ging es damals mit Rainbow Tours auf eine 40-stündige Busfahrt gen Südwesten. Aus genau diesem Jahr stammt auch das großartige Jugendbildchen samt selbstgenähter, bunter Stoffhose und "Portugal-Pulli" aus Porto, den man am Atlantik gut gebrauchen kann, wenn die Sonne untergegangen ist und man noch etwas verträumt in die Sterne gucken möchte ...
 
Rainbow Tours, den legendären Vorläufer der Low Budget Carrier, gibt es insolvenzbedingt schon seit 2012 nicht mehr. Den Camping Platz in Costa Nova mit direktem Zugang zu Dünen und Strand dagegen immer noch. Und so fuhren wir mit unserem Camper statte 30 Jahre später also wieder durch den großen Torbogen am Eingang des Platzes in der Nähe von Aveiro.

Nach der Aufbauroutine des Wohnwagens bin ich auf eine kleine nostalgische Erinnerungsrunde gegangen. Was würde ich wohl wiedererkennen? Wo war unser altes Zimmer damals? Was hat sich verändert?

 

Das markante Haupthaus ist noch das alte, wobei alles in den drei Jahrzehnten sicherlich diverse neue Anstriche erhalten hat. Aber so viel anders sieht es gar nicht aus. Ich erinnere mich tatsächlich noch lebhaft an die Disko, die im Erdgeschoss des Traktes gelegen war, über dem Uli und ich ein einfaches Zimmer hatten. Und es wird wohl auf ewig so sein, dass wir den Song „Losing my religion“ von R.E.M. mit diesem Urlaub verbinden werden.

Die Disko gibt es heute nicht mehr. Und auch sonst scheint der Platz - und vor allem das Klientel - deutlich ruhiger geworden zu sein. Keine Horden abenteuerhungriger Teenies, die Fern der Heimat die neue Freiheit auskosten. Stattdessen einige Deutsche mittleren Alters mit Camper, ein paar wenige Zelte und ganz viel Platz auf den Wiesen zwischen Haupthaus und Dünen.

 

Das Nurdach-Holzhaus, in dem Michael und ich damals residiert haben, steht übrigens auch noch. Es hat allerdings – wie vieles hier – einen farbenfrohen Neuanstrich erhalten, der es eher nach einer Mischung aus Heidepark und Minigolfanlage erscheinen lässt.

 

Ach ja, und die Frage nach dem WLAN-Code und der Qualität des Internet hatte 1991 an der Rezeption sicher auch noch keiner gestellt. Man oh man … 30 Jahre sind schon eine echte Spanne (!).

 

Ein absolutes Highlight war dann am nächsten Morgen der Gang über die Dünen zum Strand. Wie damals: ein Hauch von Dänemark mit endlosem Sandstrand. Was mir sofort an Veränderung auffiel, war der massive Wellenbrecher, der sich mittlerweile ein paar Meter ins Meer erstreckt. Den gab es damals nicht.

Und genau dort, wo ich damals mit Uli Beach Tennis gespielt habe und wir abends die Sonnenuntergänge im Meer bestaunt haben, war heute noch etwas anders: Ich war mit meinem ältesten Sohn Lenni dort. Wow, was für eine Entwicklung.

Und Lenni hatte sein kuscheliges Drachenkostüm an, erzählte mit unentwegt, welche Wellen sich hier wie zum Surfen eignen würden (das hatte er morgens um kurz nach 6 Uhr schon ausprobiert !) und ist mit mir Muscheln sammeln und durch die Dünen toben gewesen. Großartige Momente.

Was sich übrigens drastisch verändert hat, ist der Ort Costa Nova - insbesondere die Strandpromenade. Aus dem verschlafenen Fischerdörfchen ist ein mondäner Ferienort mit reichlich Chic und modernem Flair für Touristen und gestresste Großstädter der Porto-Metropole geworden.

Und so danke ich meiner Familie, dass sie mit mir diesen kleinen Ausflug in die Vergangenheit mitgemacht haben. Die freundliche Servicekraft des Campingplatzes schaute übrigens bei unserer Verabschiedung nicht schlecht, als ich ihr sagte, dass ich schon einmal hier war, „thirty years ago“. „I wasn’t even born then …“ war ihre einzige Antwort.

Danke an Uli, die mir spontan einige Bilder aus dem alten Fotoalbum zugesendet hat!

 

Und noch etwas bleibt bei meinen – nun drei Besuchen - auf dem Camping Platz von Costa Nova festzuhalten: Ich habe dort campiert. Ich hatte ein Zimmer, einen Bungalow und einen Wohnwagen … aber kein Zelt. Vielleicht schließe ich diese Lücke dann beim nächsten Mal ;).

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